Abgesoffen
von Carlos Eugenio López
Deutsch von Susanna Mende
Zwei namenlose Auftragskiller auf nächtlicher Fahrt nach Gibraltar. Im Kofferraum: der 29. nordafrikanische Immigrant, den sie umgebracht haben und in die Meerenge werfen sollen. Ein weiterer „Moro“, der tot vor der Küste treiben wird. Nüchterne Logik der Abschreckung: „Wenn man in ein anderes Land will, muss man erst einmal um Erlaubnis bitten. Und wenn man es nicht tut, muss man die Konsequenzen tragen.“
Ihr Auftraggeber? Vielleicht die Regierung, vielleicht "Priester, Feministinnen, oder die Hersteller von Jabugo-Schinken". Wer weiß das schon.
Je länger die Autofahrt dauert, desto mehr lassen sich die beiden vom jeweils anderen überzeugen, denn die Argumente sind beiderseits dünn.
Unter ihrem oberflächlichen Dialog treten nach und nach die wirklich wichtigen Fragen zu Tage: Was machen wir hier eigentlich? Und was macht es mit uns?
"Abgesoffen" ist ein sarkastisches Stück über Ignoranz und Verdrängung. López entwirft die gebräuchlichen Gesprächsblasen, die beim großen Reden über Immigration in Europa entstehen und beim geringsten Anstoß zerplatzen. Er lässt den Dialog unkommentiert und liefert die beiden Protagonisten so ihren eigenen Schwächen aus.
Sein Text, veröffentlicht im Jahr 2000, ist angesichts der rigiden Flüchtlingspolitik Spaniens auch 15 Jahre nach seinem Erscheinen unvermindert aktuell und relevant.
Regie Alia Luque
Mit Christian Baumann und Thomas Meinhardt
Premiere 02.02.2016
Dernière 30.11.2016
"Baumann und Meinhardt spielen [die beiden Drecksdienstleister] sehr nuanciert mit einem Rest an Haltung, Einfühlungsvermögen und Bildungshunger und bereiten das Bewusstsein dafür vor uns aus, dass Opfer die Täter gewissermaßen ein Stück mitnehmen auf die andere Seite, und wir alle Verantwortung tragen..." (Süddeutsche Zeitung)
"Der Text ist 16 Jahre alt, erschien 2007 auf deutsch und hört sich an wie vor einem halben Jahr geschrieben. (...) Carlos Eugenio López hat mit 'Abgesoffen' ein ganz besonders abgefeimtes Stück Literatur geschaffen. (...) Der Dialog-Roman schreit danach, auf die Bühne gebracht zu werden. Die gleichfalls spanische Regisseurin Alia Luque stellt ihre Schauspieler (...) im Metropoltheater vor eine weiße Leinwand. Ihre Intensität gewinnt die emotional tiefgekühlte und visuell karge Inszenierung dadurch, dass die Spieler ganz dicht an die Zuschauer heran rücken. Ganz ohne Gefühle entlässt Alia Luque das Publikum allerdings nicht. Videobilder geben ganz am Schluss den 'Moros' Gesichter und man sieht Menschen, die vor Glückt taumelnd Ceuta, die spanische Exklave in Marokkos Nachbarschaft, erreicht haben.“ (Abendzeitung)
Bildergalerie
Videos