Bartleby, der Schreiber

Bartleby, der Schreiber

von Herman Melville

Deutsch von Jürgen Krug

 

 

"Ich möchte lieber nicht."

Sich die Freiheit nehmen, nichts mehr tun zu müssen, sich nicht fügen, sich nicht wehren.
Verweilen auf der Schwelle zwischen Handeln und Nichthandeln.

 

Gut gehende Geschäfte veranlassen den Anwalt einer Kanzlei an der Wall Street dazu, den Kreis seiner Angestellten zu erweitern. Zu diesem Zeitpunkt erledigen die beiden Schreiber Turkey und Nippers sowie der Laufbursche Ginger Nut die anfallenden Arbeiten im Großen und Ganzen zur Zufriedenheit des Anwalts. Als auf seine Anzeige hin ein junger Mann von ausnehmend ruhigem Äußeren vorstellig wird, sieht er in ihm eine vorteilhafte Ergänzung. Bartleby legt in den ersten Tagen ungemein großen Fleiß an den Tag und erledigt eine außerordentliche Menge an stupiden Kopierarbeiten. Alles scheint seinen Gang zu gehen, bis Bartleby der Bitte des Anwalts, ihm bei einer kleinen Sache zur Hand zu gehen, sanft und entschieden entgegnet: „Ich möchte lieber nicht.“

 

Diese wohl berühmteste Widerstandsformel der Literaturgeschichte ist die Ankündigung eines Ausstiegs, der allen um Bartleby herum unerklärlich bleibt. Seine Verweigerung beschämt, verstört, verunsichert - und zieht magisch an.

 

"Bartleby, der Schreiber" ist erstmals 1853 erschienen, zwei Jahre nach dem Jahrhundertroman „Moby Dick“, und gilt als eines der wichtigsten Werke des amerikanischen Autors Herman Melville (1819 – 1891).


Regie Ulrike Arnold Co-Regie Eli Wasserscheid Bühne Julia Ströder Kostüme Katja Kirn Licht Hans-Peter Boden Choreographie Katja Wachter Dramaturgie Katharina Schöfl

 

Mit Butz Buse, Julia Loibl, Matthias Renger, Thomas Wenke und Georg Stürzer


Premiere 09.04.2015

Dernière 12.07.2015


"Es gibt Sätze, die wundersam rätselhaft bleiben. Einer dieser Sätze lautet: 'Ich möchte lieber nicht', das erklärt Bartleby, ein Kopist in einem dunklen New Yorker Anwaltsbüro, tagein, tagaus. (...) Bartlebys Missmut ist nicht trotzig, im Gegenteil: seine Totalverweigerung, sie kommt äußerst höflich daher. (...) Der Anwalt, der von Bartleby erzählt, ist hier auf vier Schauspieler aufgeteilt - unsicher und zum Schmunzeln wirkt so dieser Mann, der sich gerne auf große Denker bezieht oder sich selbst für einen hält. (...) In seiner Zerrissenheit ist er nicht nur Bartlebys Gegenspieler, er ist - wie jeder Leser, jeder Zuschauer - sein Interpret. Dass dieser Interpret geteilt ist, zeigt auf wundervoll einfache Weise, dass es unmöglich ist, nicht zu spekulieren, nicht verstehen zu wollen, was diesen Nein-Sager umtreibt. Und doch: Jede Interpretation läuft ins Leere, immer bleibt da die Unsicherheit. Der Inszenierung gelingt damit das, was Bartlebys Mitmenschen nicht gelingt: Sie lässt diesen Mann einfach sein, ohne dieses Sein verstehen zu müssen." (B2 KulturWelt)

„Im tadellos harmonisierenden Teamgeist (...) hat Ulrike Arnold aus diesem Melville ein hinreißend unterhaltsames, spottlächelndes Sprach- und Gesten-Konzert inszeniert.  (...) hier übernehmen die vier Darsteller in geradezu musikalisch phrasiertem Wechsel die Erzählerrolle und sind doch noch deutlich mit ihrer Figur erkennbar. Alle vier können hervorragend sprechen. Man bekommt also die ganze Geschichte mit: Bartlebys selbst gewählte 'Einmauerung' in seinem Arbeitsbereich (...); seine Weigerung, seinen Kopierplatz, überhaupt seine Stelle aufzugeben; schließlich den Auszug des Notars, verursacht durch Bartlebys hartnäckige 'Hausbesetzung' und sein Ende im Gefängnis (...). Alle vier Schauspieler beleben die Bühne auch körperlich in einer in ironische Bewegungs-Choreografie übersetzten Büro-Routine. (...) Eine sehenswerte Aufführung!" (Münchner Merkur)

 

"Die Erzählung hat also anarchistisches Potenzial, hat aber auch einen leuchtenden Sprachwitz, sehr sophisticated. Der Icherzähler ist Anwalt mit einem Büro an der Wall Street, er ist mehr faul als ehrgeizig, seine Vermögensverwaltungsgeschäfte laufen gut genug, um ihm ein bequemes Leben zu sichern, er hat drei Angestellte, die in ihren Absonderlichkeiten liebevoll - und dann auf der Bühne mit lustvoller Komik - geschildert werden. (...) Mit Butz Buse, Julia Loibl, Matthias Renger und Thomas Wenke erzählt Arnold diese Geschichte, mit einer ähnlichen, hoch präzisen Bühnen-Poesie, wie sie ins Metropol "Unter dem Milchwald" hineinzauberte. (...) ein kleines Fest der Literatur." (Süddeutsche Zeitung)

 

> Kritik Bayern 2 - KulturWelt 10.04.15

 

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